Kreisverkehre nach der Methode des HCM
Die Analysemethode ist im HCM 2010 in den Kapiteln 21 und 33 beschrieben, im HCM 6. Auflage bzw. HCM 7. Auflage in den Kapiteln 22 und 33. Änderungen im HCM 6. Auflage beziehen sich im Wesentlichen auf die Faktoren zur Berechnung der Kapazität. Im HCM 7. Auflage kommt zusätzlich die Berücksichtigung der Anteile autonomer Fahrzeuge am Knoten bei der Berechnung der Kapazität hinzu. Die Methode für Kreisverkehre ähnelt derjenigen für vorfahrtsgeregelte Knotenpunkte und unterscheidet sich davon hauptsächlich in folgenden Punkten:
- Die Ermittlung der Konfliktströme folgt der Geometrie des Kreisverkehrs.
- Die Standardwerte für Zeitlücken unterscheiden sich durch die veränderten Sichtverhältnisse. Die Ermittlung erfolgt hier auch auf Basis von Fahrstreifen, nicht auf Basis von Abbiegern.
- Die Methode ist nur für ein- und zweistreifige Zufahrten (plus einen optionalen Bypass-Fahrstreifen) verfügbar. Die Visum-Methode für drei- oder mehrstreifige Zufahrten ist im HCM nicht beschrieben. Die Belastungsaufteilung auf die Fahrstreifen erfolgt in Visum wie bei vorfahrtsgeregelten Knotenpunkten.
Der Ablauf der Berechnung ist in Abbildung 77 dargestellt.
Abbildung 77: Ablauf der Berechnung bei Kreisverkehren nach HCM 2010
Wenn Sie das HCM 2010 Operationsmodell auf Kreisverkehrs-Knoten anwenden, wirken sich die in Tabelle 116 gezeigten Visum-Attribute aus. Stellen Sie sicher, dass realistische Werte für die Attribute definiert sind, ehe die Analyse gestartet wird.
Netzobjekte |
Attribut |
Beschreibung / Auswirkung |
Geometrie |
alle |
Geometrieinformationen zu Fahrstreifen, Fahrstreifenabbiegern und Furten |
Knoten |
ICAAnteilCAVs |
Optionale Berücksichtigung des Anteils autonomer Fahrzeuge. Der Wertebereich liegt zwischen 0 und 100%. Das Attribut wird für die Berechnung der Kapazität ab HCM 7. Auflage berücksichtigt. |
Knoten |
ICAPHFVolAdj |
Anpassungsfaktor der anfänglichen Belastung an die Spitzenbelastung. Belastungen werden sowohl durch den Knoten- als auch die Abbiegeranpassungsfaktoren geteilt. |
Abbieger |
ICAPHFVolAdj |
|
Arm | Hat Mittelinsel |
Zeigt an, ob der Arm eine Mittelinsel hat (ja/nein) |
Arm |
Mittelinsel-Länge |
Länge der Mittelinsel |
Arm |
Mittelinsel-Breite |
Breite der Mittelinsel |
Arm |
Dreiecksinsel-Länge |
Länge der Dreiecksinsel |
Arm |
Hat Fahrbahnteiler |
Zeigt an, ob der Arm einen Fahrbahnteiler hat (ja/nein) |
Arm |
Fahrbahnteiler Länge |
Länge des Fahrbahnteilers Hinweis Der eingegebene Wert wird genutzt, wenn das Attribut Hat Fahrbahnteiler aktiviert ist. |
Arm |
Fahrbahnteiler Breite |
Breite des Fahrbahnteilers Hinweis Der eingegebene Wert wird genutzt, wenn das Attribut Hat Fahrbahnteiler aktiviert ist. |
Arm |
Hat Bypass |
Zeigt an, ob der Arm einen Bypass hat (ja/nein) |
Arm |
ICA Anteil Bypass Belastung |
Anteil der Rechtsabbieger (Linksverkehr: Linksabbieger), die zum Abbiegen einen Bypass-Fahrstreifen verwenden. Hinweis Dieser Anteil wird genutzt, wenn das Attribut Hat Bypass aktiviert ist. |
Arm |
Anzahl der Konfliktfahrstreifen |
Anzahl der Konfliktfahrstreifen im Kreisverkehr für den eingehenden Arm Hinweis Im HCM werden nur ein- und zweistreifige Kreisverkehre unterschieden. |
Fahrstreifen |
ICA Eingestellte Grenzzeitlücke |
Wert der gewünschten Grenzzeitlücke |
Fahrstreifen |
ICA Eingestellte Grenzzeitlücke verwenden |
Optional können Sie die Grenzzeitlücke überschreiben, genutzt in Schritt 5. Der analoge Wert am Abbieger wird nicht verwendet. Bei aktivierter Option wird der unter Eingestellte Grenzzeitlücke angegebene Wert verwendet. |
Fahrstreifen |
ICA Eingestellte Folgezeitlücke |
Wert der gewünschten Folgezeitlücke |
Fahrstreifen |
ICA Eingestellte Folgezeitlücke verwenden |
Optional können Sie die Folgezeitlücke überschreiben, genutzt in Schritt 6. Der analoge Wert am Abbieger wird nicht verwendet. Bei aktivierter Option wird der unter Eingestellte Folgezeitlücke angegebene Wert verwendet. |
Tabelle 116: Eingabe-Attribute für Kreisverkehrs-Knoten nach HCM 2010
Die Ausgabe ist über die gleichen Attribute verfügbar wie bei signalisierten Knoten (Tabelle 101).
Die Berechnungsmethode im HCM 2010 besteht aus zwölf aufeinanderfolgenden Schritten. Die Beschreibung hier ist auf die wichtigsten Schritte verkürzt.
Schritt 1: Verkehrsstärken (Belastungen) für jeden Abbieger berechnen
Die in Pkw-Einheiten gegebenen Abbiegerbelastungen werden durch Multiplikation mit den Peak-Hour-Faktoren des Abbiegers und des Knotens in Werte für die 15-Minuten-Spitze umgerechnet.
Schritt 2: Berechnung der Zuflüsse pro Fahrstreifen und Konfliktströme für jede Zufahrt
Alle Berechnungen basieren auf den Zuflüssen und Konfliktströmen an jeder Zufahrt. Diese Ströme werden aus den Abbiegerbelastungen (in Abbildung 78 für einen Kreisverkehr mit vier Zufahrten mit v1 bis v12 bezeichnet) gewonnen.
Abbildung 78: Zuflüsse an einem vierarmigen Kreisverkehr
Die Aufteilung der Belastungen auf Fahrstreifen kann dem HCM 2010 auf den Seiten 21-14 und 21-15 entnommen werden.
Beispiel
Der Zufluss aus Richtung Süden ist die Summe der Abbiegerbelastungen v7 + v8 + v9. Der für diesen Zufluss geltende Konfliktstrom ist dagegen die Summe v1 + v2 + v10. Die Methodik kann auf Kreisverkehre mit beliebig vielen Zufahrten angewendet werden. Auch U-Turns lassen sich auf gleiche Weise berücksichtigen, wenn Sie sie in die ICA-Berechnung einbeziehen möchten.
Falls eine Zufahrt mehr als einen Fahrstreifen besitzt, wird der Gesamtzufluss auf Fahrstreifen verteilt.
1. Falls nur ein Fahrstreifen für Linksabbieger zugelassen ist, ist seine Belastung die Summe aller Belastungen von Linksabbiegern.
2. Falls nur ein Fahrstreifen für Rechtsabbieger zugelassen ist, ist seine Belastung die Summe aller Belastungen von Rechtsabbiegern.
3. Die verbleibende Belastung wird so auf alle Fahrstreifen aufgeteilt, dass sie möglichst gleiche Belastungen aufweisen.
Schritt 4: Kapazität
Die Kapazität jedes Fahrstreifens wird allen Abbiegern zugeordnet, für die Fahrstreifenabbieger von dem Fahrstreifen ausgehend definiert sind. Das Ergebnis wird in PkwE/h im Abbieger-Attribut ICA Endgültige Kapazität gespeichert.
Für alle Fälle sind feste Formeln vorgegeben (HCM 2010, Gleichungen 21-1 bis 21-7). Die Grundformel lautet:
Bei ein- und zweistreifigen Zufahrten in einstreifige Kreisverkehre nimmt B hier den Wert 0,001 an, bei einstreifigen Zufahrten in zweistreifige Kreisverkehre den Wert 0,0007. Bei zweistreifigen Zufahrten in zweistreifige Kreisverkehre nimmt B auf dem inneren (linken) Fahrstreifen den Wert 0,00075 an, auf dem rechten den Wert 0,0007. Bei einem Bypass-Fahrstreifen mit einem konfligierenden Ausfahrts-Fahrstreifen wird der Wert 0,001 angenommen, bei zwei konfligierenden Ausfahrts-Fahrstreifen der Wert 0,0007.
Im HCM 6. Auflage wurden die Faktoren wie in den folgenden Formeln ausgewiesen angepasst:
für einstreifige Zufahrt in einen einstreifigen Kreisverkehr
für zweistreifige Zufahrt in einen einstreifigen Kreisverkehr
für einstreifige Zufahrt in einen zweistreifigen Kreisverkehr
rechter Fahrstreifen einer zweistreifige Zufahrt in einen zweistreifigen Kreisverkehr
linker Fahrstreifen einer zweistreifige Zufahrt in einen zweistreifigen Kreisverkehr
für einen Bypass-Fahrstreifen mit einem konfligierenden Ausfahrts-Fahrstreifen
für einen Bypass-Fahrstreifen mit zwei konfligierenden Ausfahrts-Fahrstreifen
Die Formeln entsprechen den Gleichungen 22-1 bis 22-7 im HCM 6. Auflage.
Im HCM 7. Auflage wird zusätzlich der Anteil autonomer Fahrzeuge berücksichtigt (siehe dazu die Gleichungen 33-1 bzw. 33-2 und die Exhibits 33-12 und 33-13).
Bei der Berechnung der Kapazität wird berücksichtigt, ob die standardmäßigen Grenz- und/oder Folgezeitlücken durch die entsprechenden Visum-Attribute verändert wurden. Grenz- und Folgezeitlücken werden beim Steuerungstyp Kreisverkehr an den Fahrstreifen angegeben. Die gleichnamigen Werte an den Abbiegern sind hier nicht wirksam. Die Kapazität ergibt sich bei der erweiterten Berechnung aus folgenden Werten (HCM 2010, Seite 33-3):
Je nach veränderten Werten für die Grenz- und/oder Folgezeitlücken werden andere Werte für A und B berücksichtigt. Ist das Attribut ICA Eingestellte Folgezeitlücke verwenden aktiv, erfolgt die Berechnung von A nach Kapitel 33 des HCM 2010. Diese Berechnung entspricht Gleichung 21-22:
Andernfalls wird der Wert A nach dem ersten Teil im Kapitel 21 des HCM2010 bestimmt. Das bedeutet, dass die Standardwerte für die Folgezeitlücke aus Kapitel 33 niemals für A verwendet werden.
Ist das Attribut ICA Eingestellte Grenzzeitlücke verwenden gesetzt, werden für B die Werte der Folgelücken aus Kapitel 33 verwendet, es sei denn, die Folgezeitlücke wird ebenfalls überschrieben. Im letzteren Fall wird dann der überschriebene Wert verwendet.
wobei
c |
Kapazität in PkwE/h |
v |
Konfliktstrom in PkwE/h |
gapc |
Grenzzeitlücke in s |
gapf |
Folgezeitlücke in s |
Als Standardwerte verwendet Visum 4 s für die Grenzzeitlücke und 3 s für die Folgezeitlücke. Sie können beide Werte optional pro Fahrstreifen überschreiben.
Fußgänger haben einen Einfluss auf die Kapazität. Eine genaue Beschreibung ist im HCM 2010 auf den Seiten 21-16 und 21-17 zu finden.
Die Kapazität jedes Fahrstreifens wird allen Abbiegern zugeordnet, für die Fahrstreifenabbieger von dem Fahrstreifen ausgehend definiert sind. Das Ergebnis wird in PkwE/h im Abbieger-Attribut ICA Endgültige Kapazität gespeichert.
Die durchschnittliche Wartezeit auf einem Fahrstreifen einer Zufahrt ergibt sich aus folgenden Werten:
d |
durchschnittliche Wartezeit in s/PkwE |
c |
Kapazität des Fahrstreifens in PkwE/h |
v |
Belastung des Fahrstreifens in PkwE/h |
T |
Betrachtungszeitraum in h |
Die durchschnittliche Wartezeit eines Abbiegers ist das belastungsgewichtete Mittel der durchschnittlichen Wartezeiten der benutzten Fahrstreifen. Das Ergebnis wird im Abbieger-Attribut tAkt gespeichert.
Die Staulänge auf einem Fahrstreifen einer Zufahrt ergibt sich aus folgenden Werten:
wobei
Q95 |
95%-Perzentil der Staulänge in PkwE |
c |
Kapazität des Fahrstreifens in PkwE/h |
v |
Belastung des Fahrstreifens in PkwE/h |
T |
Betrachtungszeitraum in h |
Das Attribut ICA Perzentil der Staulänge ist das Maximum der Q95-Perzentile für die benutzten Fahrtstreifen.
Schritt 7: Level of Service (ICA LOS)
LOS pro Fahrstreifen einer Zufahrt ist als Klassifikation der durchschnittlichen Wartezeit definiert (Tabelle 117).
LOS |
Durchschnittl. Wartezeit [s / PkwE] |
A |
0 - 10 |
B |
>10 - 15 |
C |
>15 - 25 |
D |
>25 - 35 |
E |
>35 - 50 |
F |
>50 |
Das HCM macht keine Aussage zur Berechnung von LOS pro Zufahrt, Abbieger oder Knoten. Visum berechnet den LOS in diesen Fällen auf der Basis der belastungsgewichteten durchschnittlichen Wartezeit. Ist die Belastung größer als die Kapazität, wird das LOS automatisch auf F gesetzt.